Haftung ohne Kollision

Sebastian Hermesdorf
24.06.2021

Schaden nur beim anderen

Wenn es zu einer Kollision zumindest zweier Fahrzeuge im Straßenverkehr kommt, stellt sich im Anschluss die Frage, wer den Verkehrsunfall verschuldet hat. Im Rahmen dieses Blogs geht es um die Frage, ob ein Verkehrsunfall auch dann von einem Verkehrsteilnehmer verschuldet worden sein kann, wenn es gar nicht zu einer Kollision zweier Fahrzeuge gekommen ist.

So hatte der Bundesgerichtshof einen Fall zu entscheiden, in dem sich zwei Fahrzeuge auf der Rampe einer Tiefgarage begegneten. Einer der Fahrer machte einen Schlenker nach links, woraufhin, das entgegenkommende Fahrzeug so weit nach rechts auswich, dass er mit der Wand kollidierte.

Der Bundesgerichtshof hatte sich somit mit der Frage auseinanderzusetzen, ob dieser Schlenker ausreicht um eine Haftung des Fahrzeughalters zu bejahen.

Grundsätzlich haftet der Halter eines Fahrzeuges bei einem Verkehrsunfall verschuldensunabhängig, wenn sich dieser „beim Betrieb“ seines Fahrzeuges ereignete.

Nach der herrschenden verkehrstechnischen Auffassung beginnt der Betrieb mit dem Ingangsetzen des Motors und endet mit dem Motorstillstand außerhalb des öffentlichen Verkehrsbereichs.

Zwischen dem Betrieb des Fahrzeuges und dem Schaden muss jedoch auch ein adäquater Ursachenzusammenhang bestehen. In obigem Beispiel hat der Bundesgerichtshof diesen Ursachenzusammenhang sehr weit gefasst und betont, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang stehen muss. Nicht ausreichend ist jedoch die bloße Anwesenheit Fahrzeuges an der Unfallstelle. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fahrweise zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat. Andererseits ist nicht entscheidend, ob der Fahrer sich verkehrswidrig verhalten hat, oder ob es überhaupt zu einer Kollision gekommen ist.

Eine Haftung des Fahrzeughalters wegen des Schlenkers wurde vom Bundesgerichtshof bejaht, obwohl die Ausweichreaktion als voreilig – also objektiv nicht erforderlich – gewertet wurde.

Entscheidend war, dass bereits der Schlenker des entgegenkommenden Fahrzeuges die Ausweichreaktion ausgelöst hat.

Im zweiten Schritt sind dann die jeweiligen Verursachungsbeiträge zu berücksichtigen und dementsprechend eine Haftungsquote zu bilden – so ist zu berücksichtigen, dass die Ausweichreaktion gerade nicht objektiv erforderlich war und somit bei beiden ein Mitverschulden zu berücksichtigen ist.

Sprechen Sie uns gerne an, falls Sie Unterstützung in einer verkehrsrechtlichen Angelegenheit benötigen! 

 

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