Kündigung trotz Kurzarbeit?

Sebastian Hermesdorf
26.03.2020

Ausnahmesituation Corona-Pandemie

Gerade bei der aktuellen Ausnahmesituation infolge der Corona-Pandemie ist die Einführung von Kurzarbeit ein effizientes Mittel zur Senkung der Personalkosten und insbesondere um qualifizierte Mitarbeiter, die möglichst bald wieder benötigt werden, vor einer Entlassung zu bewahren. Die Bundesagentur für Arbeit stellt im Internet auf ihrem Portal für Arbeitgeber alle Formulare und Erläuterungen für die Einführung von Kurzarbeit und für die Beantragung von Kurzarbeitergeld zur Verfügung.

Wie aber verhält es sich, wenn in manchen Betrieben Kurzarbeit zur Überbrückung des außerordentlich starken Auftrags- und Umsatzrückgangs doch nicht ausreicht. Zur Anpassung an eine nachhaltig verschlechterte Auftragslage erscheinen deshalb betriebsbedingte Kündigungen unausweichlich.

Hier stellt sich die Frage, ob Kündigungen während oder nach der Kurzarbeit zulässig sind. Unproblematisch zulässig sind während der Kurzarbeit verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigungen. Wie aber sieht es mit betriebsbedingten Kündigungen aus, die ja durch die Einführung der Kurzarbeit gerade vermieden werden sollen?

Auf den ersten Blick scheint Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung auszuschließen. Voraussetzung für Kurzarbeit ist ein vorübergehender Arbeitsausfall, Voraussetzung für eine betriebsbedingte Kündigung jedoch ein dauerhafter Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist aber eine betriebsbedingte Kündigung zumindest dann zulässig, wenn der Arbeitgeber die Grundsätze beachtet, die das BAG in seinem Urteil vom 26.6.1997 – Aktenzeichen: 2 AZR 494/96 - aufgestellt hat:

Zunächst betont das BAG, dass die Tatsache, dass die sozialrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld vorliegen, arbeitsrechtlich nur dahingehend zu verstehen ist, dass zwar ein Indiz für einen nur vorübergehenden Arbeitsmangel vorliegt, das jedoch der wegen § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG beweisbelastete Arbeitgeber entkräften kann.

Weist der Arbeitgeber nämlich nach, dass für die Entlassung zusätzliche oder geänderte Umstände eingetreten sind, die über den zunächst angenommenen nur vorübergehende Arbeitsmangel hinausgehen, ist eine betriebsbedingte Kündigung auch während Kurzarbeit oder im Anschluss an Kurzarbeit begründet.

Wichtig ist, dass der Arbeitgeber eine differenzierte Begründung der Kündigung liefert. Wie bei betriebsbedingten Kündigungen vorgeschrieben, darf ein Arbeitsgericht die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers als solche, die zu einem Personalabbau führt, nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin überprüfen. Denn Personalabbau ist allein die Entscheidung des Arbeitgebers. Ein Arbeitsgericht darf nur prüfen, ob die Maßnahme des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern etwa grob willkürlich ist. Einen solchen Zweifel kann der verantwortungsvolle Arbeitgeber leicht vermeiden.

Für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung während oder nach Kurzarbeit kommt es allein darauf an, dass der Arbeitgeber stichhaltige innerbetriebliche oder außerbetrieblicher Erfordernisse aufzeigt, die über die allgemeinen Gründe für die Einführung der Kurzarbeit hinausgehen.

Haben Sie Fragen zu Kurzarbeit oder sind Sie sich unsicher, ob rechtlichen Voraussetzungen für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses vorliegen? Gerne beantworten wir Ihre individuellen Fragen.

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