Langsames Fahren

Sebastian Hermesdorf
09.09.2022

Nicht nur Rasen ist gefährlich

Jedem Verkehrsteilnehmer ist bekannt, dass zu schnelles Fahren sanktioniert werden kann. Dieser Blog beschäftigt sich nun mit der Frage, ob ein Verkehrsteilnehmer auch zu langsam fahren kann und wenn ja, welche Konsequenzen sich hieraus ergeben können.


§ 3 Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) weist darauf hin, dass Kraftfahrzeuge ohne triftigen Grund nicht so langsam fahren dürfen, dass sie den Verkehrsfluss behindern.


Hintergrund dieser Regelung ist, dass ein verkehrsbehinderndes Langsamfahren die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer zu riskanten Überholmanövern verleiten könnte. Das Amtsgericht Gemünden hat in einem Urteil aus dem Jahre 1997 ein Bußgeld gegen einen Fahrer verhängt, der auf einer leicht kurvigen Strecke bei erlaubten und vertretbaren 100 km/h ohne triftigen Grund lediglich mit 50 km/h gefahren war.


Auch derjenige, der vor einer grünen Ampel ohne jeglichen Grund seine Geschwindigkeit verlangsamt, kann gegen § 3 Abs. 2 StVO verstoßen. Auch ein LKW, der auf die Autobahn auffährt, muss umgehend beschleunigt werden.


Auch bei einem technischen Defekt als Ursache des langsamen Fahrens, entgeht der Fahrer nicht von vornherein dem Verstoß gegen § 3 Abs. 2 StVO, da er verpflichtet wäre, den nachfolgenden Verkehr über seinen technischen Defekt zu warnen.
Unabhängig von der Frage eines möglicherweise zu verhängenden Bußgeldes, spielt jedoch ein mögliches Mitverschulden bei einem Verkehrsunfall mit einem auffahrenden Fahrzeug eine wichtige Rolle.


In einem vom Amtsgericht Wilhelmshafen zu entscheidenden Verfahren, war ein Autofahrer auf der Autobahn von der linken Überholfahrbahn auf die rechte Spur gewechselt, um einem von hinten nahenden Wagen Platz zu machen. Der nach rechts ausscherende Fahrer rechnete jedoch nicht damit, dass auf dem rechten Streifen vor ihm eine Autofahrerin mit einer Geschwindigkeit von nur 60 Stundenkilometer fuhr, so dass es zur Auffahrkollision kam. Das Gericht entschied, dass jeder – also die langsam fahrende Verkehrsteilnehmerin und der Auffahrende – den Verkehrsunfall zu je 50 % verursacht hatte.


Ebenso entschied das Oberlandesgericht Brandenburg in einem vergleichbaren Fall aus dem Jahre 2016. Ein Autofahrer befuhr die Autobahn mit lediglich 38 km/h, als ihm ein LKW auffuhr. Auch in diesem Fall urteilte das Gericht, dass jeder den Unfall zu je 50 % verursacht hatte.


Wer einen triftigen Grund für seine langsame Fahrt hat, verstößt natürlich nicht gegen § 3 Abs. 2 StVO.

Als triftige Gründe wurden von der Rechtsprechung etwa die Verkehrslage, Witterungsverhältnisse oder auch das Transportieren einer entsprechenden Ladung angesehen. Auch wer an Parkstreifen oder Parkuhren eine Lücke sucht, hat einen triftigen Grund. Insbesondere behindern diese suchenden Verkehrsteilnehmer den nachfolgenden Verkehr nur für eine kurze Zeit.


Sprechen Sie uns gerne an, falls Sie Unterstützung in einer verkehrsrechtlichen Angelegenheit benötigen!

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