Schrittgeschwindigkeit

Sebastian Hermesdorf
07.05.2021

Spielen, gehen, schreiten oder laufen?

Wer mit seinem Fahrzeug in einen verkehrsberuhigten Bereich einfährt - der umgangssprachlich auch als Spielstraße bezeichnet wird - muss mit Schrittgeschwindigkeit fahren. Was aber bedeutet Schrittgeschwindigkeit? Über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informiert dieser Blog.

Folgte man dem Sprachgebrauch, dann würde man unter der Schrittgeschwindigkeit die durchschnittliche Fußgängergeschwindigkeit verstehen, die zwischen vier und sieben Stundenkilometer liegen dürfte und maximal bis 10 km/h reichen kann. Eine solche Geschwindigkeit, die unter 10 Stundenkilometer liegt, kann allerdings mit einem Tachometer von Kraftfahrzeugen nicht zuverlässig gemessen werden.

Einen anderen Ansatz zur Definition der Schrittgeschwindigkeit wählten das Amtsgericht (AG) Leipzig und das Landgericht (LG) Aachen. Danach ist die Schrittgeschwindigkeit mit 15 km/h anzusetzen. Als Begründung wird angeführt, dass die Schrittgeschwindigkeit gleichermaßen von Auto- und Radfahrern einzuhalten ist. Wenn aber ein Radfahrer mit der durchschnittlichen Fußgängergeschwindigkeit fahren würde, wäre ein sicheres Fahren nicht mehr möglich. Der Radfahrer würde unsicher werden und zu schwanken beginnen. Unterstützung erhält dieser Ansatz auch vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Seiner Einschätzung nach wird der Geschwindigkeitsbereich von 10 bis 15 km/h Fahrern subjektiv noch als Schrittgeschwindigkeit empfunden.

Dem widersprechen aber u.a. das OLG Düsseldorf und das Brandenburgische OLG, die die Schrittgeschwindigkeit mit 4 bis 7 km/h als Durchschnittstempo für Fußgänger definieren.

Dem schließt sich auch das OLG Karlsruhe an, das betont, dass Schrittgeschwindigkeit keine höhere Geschwindigkeit als 7 km/h gestattet.

Auch dem OLG Naumburg ging die in der Vorinstanz vertretene Ansicht, die Schrittgeschwindigkeit mit maximal 15 km/h anzusetzen, zu weit und betonte, dass Schrittgeschwindigkeit bei maximal 10 km/h anzusetzen sei. Zur Begründung führte das OLG Naumburg aus, dass derjenige, der sich noch schneller als mit 10 km/h fortbewegt, nicht geht bzw. schreitet, sondern läuft.

Der Definition der Schrittgeschwindigkeit von 4 bis 7 km/h trägt auch die Besonderheit in einem verkehrsberuhigten Bereich Rechnung, dass Fußgänger die Straße in ihrer ganzen Breite nutzen dürfen und Kinderspiele überall erlaubt sind. Das hat zur Folge, dass ein Fahrer jederzeit insbesondere mit Kindern rechnen muss, die unverhofft die Fahrbahn betreten und vor das eigene Fahrzeug laufen. Der Fahrer muss deshalb fortwährend bremsbereit sein. Und das ist mit einer maximalen Geschwindigkeit von 7 km/h besser gewährleistet ist als mit 15 km/h.

Falls in einem verkehrsberuhigten Bereich Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt werden sollten, wird im Regelfall – auch hier gibt es regionale Unterschiede – die Schrittgeschwindigkeit mit 10 km/h definiert.

Bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 25 km/h läge dementsprechend ein Geschwindigkeitsverstoß von 15 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften vor, so dass ein Verwarnungsgeld von 50 € zu zahlen wäre. Falls Sie der Meinung sind, Sie hätten eine ungerechtfertige Verwarnung erhalten, zögern Sie bitte nicht, uns zu kontaktieren!

 

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