Grundsätzlich besteht, zumindest wenn man verheiratet ist, gemeinsames Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder. Zwischenzeitlich ist dies in aller Regel auch bei unverheirateten Paaren meistens der Fall. Nach wie vor gibt es aber Fälle, in denen ein Elternteil das alleinige Sorgerecht innehat. Was bedeutet dies?
Im Falle des alleinigen Sorgerechts kann der Sorgeberechtigte allein über die Erziehung, medizinische Versorgung, Betreuung und den Aufenthalt des Kindes entscheiden, ohne den anderen Elternteil fragen zu müssen. Er hat also allein die Personensorge und die Vermögenssorge inne. Gleichwohl hat der andere Elternteil selbstverständlich ein Umgangs- und ein Auskunftsrecht.
Es gibt drei Konstellationen des alleinigen Sorgerechts:
1. durch Tod des anderen Elternteils
2. die Eltern sind nicht verheiratet und geben keine gemeinsame Sorgerechtserklärung ab
3. durch Beschluss des Familiengerichts aufgrund eines Antrages auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts
Ein Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts muss beim zuständigen Familiengericht beantragt werden. Dies bedeutet automatisch immer, dass dem anderen Elternteil die elterliche Sorge entzogen wird. Die Anforderungen für diesen Schritt sind hoch. Sofern der andere Elternteil zustimmt und auch das Jugendamt keine Einwendungen hat, wird das Sorgerecht recht unbürokratisch vom Familienrichter übertragen.
Sollte der andere Elternteil nicht einverstanden sein, ist eine Beweisaufnahme notwendig. Auch das Jugendamt wird dazu regelmäßig gehört. Meistens ist auch ein familienpsychologisches Gutachten notwendig. Hierbei steht das Kindeswohl an erster Stelle.
Das Sorgerecht wird dem anderen Teil gegen dessen Willen nur entzogen, wenn das Gericht zu dem Schluss kommt, dass dieser Elternteil nicht fähig ist, das Kind zu erziehen.
Sind die Eltern verheiratet, besteht automatisch das gemeinsame Sorgerecht. Dies ändert sich grundsätzlich auch nicht, wenn die Eltern sich scheiden lassen. Das gemeinsame Sorgerecht bleibt grundsätzlich bestehen.
In Ausnahmefällen kann ein Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge nach Scheidung sinnvoll sein, so zum Beispiel wenn der geschiedene Ehepartner ins Ausland zieht und nicht mehr erreichbar ist oder wenn der geschiedene Ehepartner kein Interesse mehr an der gemeinsamen elterlichen Sorge hat. Auch ein längerer Gefängnisaufenthalt kann ein Grund sein. Da an erster Stelle immer das Kindeswohl steht, ist in diesen Fällen die Übertragung auf einen Elternteil sinnvoll.
Grundsätzlich ist die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur möglich, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht, das Kind also dadurch keinen Schaden erleidet.
Sofern das Kind aber von einem Elternteil misshandelt oder vernachlässigt wird, gar dessen Gesundheit gefährdet wird, die Schulpflicht vernachlässigt wird, reicht dies sicher für einen Antrag beim Familiengericht aus. Andere Gründe können auch die Gefährdung des Kindesvermögens sein, grobe Erziehungsfehler oder auch die Widersetzung gegen das Umgangsrecht des anderen Elternteils. Aber auch hier gilt, dass das Kindeswohl immer an erster Stelle steht. Sofern ein Elternteil stark drogen- oder alkoholabhängig ist und dadurch nicht mehr in der Lage ist, das Kind zu erziehen, kann auch dies als Begründung ausreichen. Streitereien zwischen den Eltern in Anbetracht der Trennung reichen hier jedenfalls regelmäßig nicht aus.
Sofern sich die Eltern darüber einig sind, dass das Sorgerecht auf nur einen Elternteil übertragen wird und dies dem Kindeswohl nicht entgegensteht, wird der Familienrichter einen entsprechenden Beschluss erlassen. Wenn die Eltern sich nicht einig sind, wird der Richter eine Entscheidung treffen, die dem Kindeswohl am besten entspricht. In allen Fällen wird dabei das Jugendamt angehört und meistens auch ein familienpsychologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Stellt der Richter fest, dass beide Eltern nicht geeignet sind, das Kind zu erziehen, kann das Sorgerecht auf das Jugendamt übertragen werden oder, in einzelnen Härtefällen auf Familienangehörige, z.B. die Großeltern.
Daneben gibt es natürlich auch den Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wenn nur ein Elternteil die elterliche Sorge innehat, z.B. wenn die Eltern nicht verheiratet sind. Auch dieser Antrag muss zwingend beim Familiengericht gestellt werden. Sicherlich sinnvoll ist es, zuvor Gespräche beim Jugendamt zu führen. Das Jugendamt ist in Fällen der elterlichen Sorge immer am Prozess beteiligt. Aber auch hier gilt, dass das Kindeswohl an erster Stelle steht. Sollte die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht dem Kindswohl entsprechen, weil z.B. die Eltern unüberbrückbare Schwierigkeiten in der Kommunikation haben, oder sollte der beantragende Elternteil nicht in der Lage sein das Kind zu erziehen, wird der Antrag in aller Regel keinen Erfolg haben.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass es zunächst wünschenswert ist, dass beide Eltern die gemeinsame elterliche Sorge innehaben, unabhängig davon, ob sie verheiratet, nicht verheiratet oder geschieden sind. Allerdings muss den Eltern immer klar sein, dass man als sorgeberechtigter Elternteil nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten hat.
Der Elternteil, der die elterliche Sorge nicht innehat, behält aber auf jeden Fall das Umgangsrecht und das Auskunftsrecht, sofern dies dem Kindeswohl entspricht. Sollte der umgangsberechtigte Elternteil das Kind während des Umgangs vernachlässigen oder gefährden, kann dies auch ein Umgangsausschluss nach sich ziehen.