Straftaten im Zusammenhang mit der Corona-Krise

Isabella Engelmann
19.05.2022

Wie die Corona-Krise das Strafrecht geprägt hat

Die seit nun mehr zwei Jahren andauernde Corona-Pandemie hat sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene zu immer mehr Maßnahmen und neuen Sanktionen geführt. Da viele dieser Maßnahmen, die dem Schutz der Bevölkerung dienen, in die Grundrechte der Bürger eingreifen, wurde mit dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine rechtliche Grundlage für diese Eingriffe geschaffen.

Befugnisse der zuständigen Behörden auf der Grundlage des IfSG
Entsprechend dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG darf die im Einzelfall zuständige Behörde notwendige Schutzmaßnahmen treffen, soweit und solange diese zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten, wie dem Coronavirus, erforderlich sind. Damit sind insbesondere die in den §§ 29a bis 31 IfSG genannten Maßnahmen gemeint. Die §§33- 36 IfSG regeln daneben Kompetenzen für infektionsschutztechnische Maßnahmen, die bei bestimmten Personengruppen, Unternehmen und Einrichtungen ergriffen werden können. Während §30 IfSG die Quarantäneanordnung regelt, findet sich in §31 IfSG eine Regelung zum beruflichen Tätigkeitsverbot. Daneben hat die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG die Möglichkeit, Veranstaltung oder Ansammlungen mit einer größeren Personenanzahl zu beschränken oder zu verbieten und Gemeinschaftseinrichtungen ganz oder teilweise zu schließen.

Kompetenzen der Länder
Die eben genannten Schutzmaßnahmen sind grds. Ländersache. So werden die Landesregierungen in §32 IfSG unter Einschluss der Voraussetzungen der §§ 28a bis 31 IfSG zum Erlass von Geboten und Verboten zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten durch Rechtsverordnung ermächtigt.
 
Konsequenzen eines Verstoßes
Um die erlassenen Vorgaben durchsetzen zu können, regelt der 14.Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes verschiedene Strafen und Bußgelder. Soweit das Zuwiderhandeln zu einer Verbreitung des Virus führt, kann nach § 75 Abs. 3 IfSG eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren greifen. Im Normalfall dürften jedoch die Bußgeldvorschriften des §73 IfSG einschlägig sein.
 
Konsequenzen der unterschiedlichen Verordnungen
Der bisherige Pandemie-Verlauf glich einer Achterbahnfahrt und führte regelmäßig zu neuen Verordnungen bspw. im Hinblick auf Kontakt- und Ausgangsbeschränken. Auch wenn einzelne Bürger hierin einen tiefgreifenden Eingriff in ihre Grundrechte sahen, waren jene Verordnungen stets auf die Gesundheit der Allgemeinheit gerichtet. Aus diesem Grund wird jeglicher Verstoß gegen derartige Verordnungen durch ein Straf- oder ein Ordnungswidrigkeitsverfahren sanktioniert. Um solchen Sanktionen zu entgehen, ist es notwendig, nicht nur hinsichtlich der Entscheidungen auf Bundesebene, sondern v.a. bezüglich der bundeslandspezifischen Verordnungen informiert zu bleiben.

Drohende Strafen bei gefälschten Impfausweisen
Bescheinigt ein Impfausweis eine Corona-Schutzimpfung die tatsächlich nicht stattgefunden hat und wird dieser Impfausweis zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht (z.B. in einer Apotheke, um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten oder um ein Restaurant betreten zu können), droht eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung gem. §267 StGB.
Daneben kommt eine Strafbarkeit wegen Gebrauchens unrichtiger Gesundheitszeugnisse gem. §279 StGB in Betracht. Während §267 StGB eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vorsieht, droht gem. §279 StGB eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Wegen Missbrauchs von Ausweispapieren gem. §281 StGB macht sich strafbar, wer zu Täuschungszwecken einen Impfausweis vorzeigt, der zwar eine tatsächlich stattgefundene Corona-Schutzimpfung bescheinigt aber einer anderen Person gehört.
Schließlich kann auch die Herstellung gefälschter Impfausweise u.a. zu einer Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung führen. Das gewerbsmäßige Fälschen von Impfpässen kann mit einer Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren geahndet werden. Zugleich kommt eine Strafbarkeit wegen unbefugten Ausstellens oder Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse i.S.d. §§ 277, 278 StGB in Betracht. Gleichzeitig drohen nach §75a IfSG Geld- oder Freiheitsstrafen für die Falschbescheinigung einer Corona-Schutzimpfung oder das Gebrauchen eines Impfausweises, der wahrheitswidrig eine durchgeführte Corona-Schutzimpfung bescheinigt.
Dabei gilt es zu beachten, dass gem. §275 Abs.1a StGB bereits Vorbereitungshandlungen zur Herstellung unrichtiger Impfausweise zu einer Strafbarkeit führen. Erfasst werden hiernach v.a. die sog. „Blankett-Impfausweise“, in die noch kein Name, sondern lediglich eine nicht durchgeführte Corona-Schutzimpfung eingetragen wurde. Strafbar macht sich daher, wer sich selbst oder einer anderen Person einen solchem Impfausweis verschafft, solche Impfausweise überlässt, zum Verkauf anbietet oder verwahrt.


Weitere relevante Straftaten im Kontext der Corona-Pandemie
Sollten Sie aus Anlass eines Verstoßes gegen die Coronaverordnungen eine Vorladung oder einen Äußerungsbogen erhalten, so kommen je nach geltender Verordnung verschiedene Strafbarkeiten und/oder Ordnungswidrigkeiten in Betracht. Aufgrund der undurchsichtigen Rechtslage ist es in einer solchen Situation sinnvoll, einen Anwalt/eine Anwältin für Strafrecht zu konsultieren. Im Nachfolgenden sollen die wichtigsten Strafbarkeiten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vorgestellt werden:

Subventionsbetrug
Dieser kommt dann in Betracht, wenn Corona-Hilfen zu Unrecht beantragt und ausgeschüttet wurden. Um deutsche Unternehmen zu unterstützen, wurden vom Bund und den Ländern sog. Corona-Soforthilfen bereitgestellt. Um eine unbürokratische Auszahlung zu gewährleisten, wurden auf umfangreiche Nachweise eines Liquiditätsengpasses verzichtet. Stattdessen wurde bei der Antragsstellung eines solchen Corona-Zuschusses vom Antragsteller u.a. eine Versicherung dahingehend verlangt, dass er sich in einer „existenzgefährdenden Wirtschaftslage“ befindet.
Die Gewährung eines entsprechenden Zuschusses ist ausgeschlossen, soweit sich der Antragsteller schon vor dem 31.12.2019 in einer finanziellen Schieflage befunden hat. Konkret muss der Antragsteller erläutern, inwieweit seine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Pandemie wesentlich beeinträchtigt und seine Existenz dadurch bedroht ist.
Daneben ist erforderlich, dass der Antragsteller seine Identität nachweist und mit einer Steuer-Identifikationsnummer bei einem deutschen Finanzamt gemeldet ist. „Subventionserhebliche Tatsachen“ sind dabei jene Umstände, von denen die Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen eines Subventionsvorteils abhängig ist. Sowohl die Corona-Soforthilfen als auch die außerordentlichen Wirtschaftshilfen („November-/Dezemberhilfen“) und die Überbrückungshilfen stellen Subventionen i.S.d. §246 StGB dar. In einem Großteil der Anträge werden alle Angaben als „subventionserheblich“ qualifiziert. Wenn bei einer Nachprüfung der Anträge festgestellt wird, dass im Antragsformular falsche Angaben gemacht wurden, ist der Anwendungsbereich des Subventionsbetruges (§246 StGB) eröffnet.

Straftaten auf Corona-Demonstrationen
Bei einer angeheizten Stimmung während einer (Corona-)Demonstration können unterschiedliche Straftatbestände verwirklicht werden. Die Tatsache, dass man nicht einmal aktiv an einer Ausschreitung beteiligt sein muss, um sich das Handeln der restlichen Gruppe als Teil der Versammlung zurechnen lassen zu müssen, macht Demonstrationen besonders gefährlich. Die meisten Corona-Demonstrationen mussten unter Auflagen stattfinden. Sollte gegen eine solche Auflage verstoßen werden, kann es zu strafrechtlichen Konsequenzen kommen. Soweit es zu gewaltsamen Ausschreitungen durch Demonstranten kommt, drohen vor allem Strafbarkeiten wegen Landesfriedensbruchs gem. §125 StGB oder wegen (gefährlicher) Körperverletzung gem. §§223, 224 StGB.
Um den Straftatbestand des Landesfriedensbruchs (§125 StGB) zu erfüllen, muss man sich aus einer Menschenmenge heraus an Bedrohungen oder Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen beteiligen und dadurch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit herbeiführen. Bestraft wird dabei schon das Einwirken auf eine Menschenmenge mit dem Ziel, sie zu gewaltsamen Handlungen zu motivieren. Im Rahmen von Demonstrationen wird der Straftatbestand des §125 StGB immer dann relevant, wenn Demonstranten gemeinschaftlich gegen die Polizei vorgehen oder beispielsweise Flaschen, Steine oder Molotov-Cocktails geworfen werden.
Daneben ist an eine Strafbarkeit gem. §113 StGB wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bzw. gem. §114 StGB wegen eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie an Verstöße gegen das Versammlungs- und Waffengesetz zu denken.
In solchen hitzigen Situationen kommt es zudem häufig zu körperlichen Auseinandersetzungen und damit zu strafrechtlichen relevanten Körperverletzungen. Eine solche Körperverletzung setzt gem. §223 StGB zwar grundsätzlich eine körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung des Opfers voraus, jedoch steht gem. §223 II StGB auch bereits die versuchte Körperverletzung unter Strafe. Für eine derartige Versuchsstrafbarkeit kann es schon ausreichen, wenn man nur zu einem Schlag ausholt. Zugleich muss man die Möglichkeit einer gefährlichen oder schweren Körperverletzung im Blick behalten.

Betrugsvorwürfe in Zusammenhang mit Corona Testzentren
Sollten Corona-Testzentren gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung eine höhere Zahl vermeintlich durchgeführter Tests abrechnen, als tatsächlich durchgeführt wurden, droht eine Strafe wegen Betruges. Zwar gibt es keinen speziellen Straftatbestand des Abrechnungsbetruges, jedoch fallen auch besondere Betrugsformen unter den Betrugsstraftatbestand des §263 StGB und sind daher grundsätzlich. mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bewährt.  Sollte es zu einem gewerbsmäßigen Betrug kommen oder sollte der Betrug einen Vermögensverlust besonders großen Ausmaßes verursachen, scheidet eine Geldstrafe gänzlich aus und es kommt zu einer Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren. Soweit ein Täter als Bandenmitglied (einer Bande, die sich zu Deliktsbegehung zusammengeschlossen hat) und gewerbsmäßig handelt, drohen bis 10 Jahre Freiheitsstrafe. Nur in minder schweren Fällen sieht §263 Abs.5 StGB die Möglichkeit einer geringeren Strafe vor.

Häusliche Gewalt
Zuletzt hat die Corona-Pandemie leider auch dazu geführt, dass die Fälle häuslicher Gewalt deutlich zugenommen haben. Entgegen der Auffassung vieler, fängt häusliche Gewalt nicht erst bei einer Körperverletzung an. Denkbar sind beispielsweise auch Bedrohungen, Beleidigungen und Sachbeschädigungen. Sollten sie häusliche Gewalt in irgendeiner Form erleiden, sollten sie bestehende Hilfsangebote unbedingt nutzen. Wir unterstützen sie gerne dabei Anzeige zu erstatten und weitere rechtliche Schritte einzuleiten.

Corona hat nicht nur das alltägliche Leben, sondern auch das Strafrecht nachhaltig geprägt und in vielen Hinsicht noch komplizierter gemacht. Gerade in Hinblick auf die häufigen Änderungen gilt daher: Nehmen sie nach Möglichkeit schon früh Kontakt zu einem Anwalt/ einer Anwältin für Strafrecht auf, um die Chancen für ihre Strafverteidigung zu verbessern.

 

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