Das Wechselmodell in Bezug auf den Lebensmittelpunkt

Isabella Engelmann
24.10.2019

Entscheidung des BGH vom 1.2.2017 (XII 601/15)

Bei einer Trennung oder Scheidung wird in Bezug auf den Lebensmittelpunkt und den Umgang mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern Immer häufiger das Wechselmodell durchgeführt.

Was bedeutet dies? Beim paritätischen Wechselmodell halten sich die gemeinsamen Kinder jeweils hälftig bei jedem Elternteil auf. Dazu gehört aber nicht nur die Teilung der Zeit, die meist durch einen wöchentlichen Turnus festgelegt wird, sondern selbstverständlich auch die Teilung der Verantwortung. Bei einem echten Wechselmodell findet daher nicht nur ein wöchentlicher Wechsel zwischen den Haushalten der Eltern statt, sondern beide Eltern übernehmen gleichermaßen die Verantwortung für die Kinder. Das Kind bzw. die Kinder haben daher faktisch zwei Lebensmittelpunkte.

Das Wechselmodell gewinnt immer mehr an Beliebtheit. Oft sind es die Kinder, die dies wünschen, weil sie bei einer Trennung auf keinen der Eltern verzichten wollen. Oft wünschen sich dies aber auch die Eltern, um gleichermaßen am Leben des Kindes und dessen Entwicklung teilhaben zu können.

Grundsätzlich ist dagegen sicherlich nichts zu sagen, sofern es auch in der Praxis durchführbar ist. Entscheidend dabei ist natürlich vor allem das Kindeswohl. Daher ist auch die Grundvoraussetzung für die Durchführung eines Wechselmodells die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern. Denn ist diese nicht gegeben, dürfte die Durchführung des Wechselmodells mit dem Kindeswohl nicht vereinbar sein. Auch eine gewisse räumliche Nähe zwischen den Elternwohnungen sollte vorhanden sein, um den Aufwand des Haushaltswechsels so gering wie möglich zu halten.

Lange war es nicht möglich, gegen den Willen eines Elternteils die Durchführung des Wechselmodells als sog. Umgangsregelung zu fordern. Mit der Entscheidung des BGH vom 1.2.2017 (XII 601/15) hat sich dies jedoch geändert. Der BGH hat entschieden, dass das Familiengericht sehr wohl das Wechselmodell beschließen kann, auch gegen den Willen des anderen Elternteils, wenn dies dem Kindeswohl entspricht.

Damit ist es nun endlich möglich, die Durchführung des Wechselmodells beim Familiengericht zu beantragen, auch wenn der andere Elternteil nicht damit einverstanden ist.

Oft wurde leider das Einverständnis durch ein Elternteil deswegen verweigert, weil davon ausgegangen wurde, dass dann kein Unterhalt mehr bezahlt wird. Doch dem ist nicht so. Für den Unterhalt des Kindes haften beide Elternteile im Verhältnis ihres Einkommens. Jedoch erhöht sich der Unterhaltsanspruch um einen sog. Mehrbedarf, der sich schon allein durch Fahrt- und Wohnungskosten ergibt, ggf. kommen weitere Kosten dazu. Es muss eine sog. Bedarfsermittlung vorgenommen werden.

Es würde zu weit führen, dies hier in allen Einzelheiten zu erklären. Gerne kann dies persönlich, auf Ihren Fall zugeschnitten, in einem Beratungsgespräch erörtert werden.

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